Zusammenfassung
Der Begriff „Fachkräftemangel“ ist allgegenwärtig – ob im Supermarkt, beim Arzt oder in der Gastronomie: Überall wird er als Erklärung für verschlechterten Service, lange Wartezeiten und sinkende Lebensqualität herangezogen. Doch was steckt wirklich dahinter? In diesem Artikel hinterfrage ich, ob es sich tatsächlich um einen echten Mangel an qualifizierten Arbeitskräften handelt oder ob die Ursachen viel tiefer liegen: Niedrige Löhne, schlechte Arbeitsbedingungen und fehlende Innovation führen dazu, dass offene Stellen nicht attraktiv sind. Statt echte Lösungen zu suchen, werden Symptome mit dem Schlagwort „Fachkräftemangel“ kaschiert. Währenddessen müssen Bürger*innen weiter Einbußen in Kauf nehmen – und sich mit Vertröstungen und Ausreden zufriedengeben. Ist der „Fachkräftemangel“ also wirklich das Problem, oder steckt ein grundsätzliches Versagen im System dahinter?

Wenn du in einem Raum bist, in dem alle einer Meinung sind, dann bist du im falschen Raum.
Alltagserlebnisse: Fachkräftemangel als Ausrede
„Die Theke mit der Fleischware ist nur bis 18 Uhr besetzt, nicht wie früher bis 21 Uhr. Fachkräftemangel“, sagt mir die Verkäuferin im Supermarkt.
Jetzt muss ich vor der Arbeit noch einkaufen gehen.
„Sie müssen sechs Monate auf Ihren Untersuchungstermin in der Klinik warten. Wir haben zu wenig Personal und zu viele Patienten.
Aber in Bonn bekommen Sie wenigstens einen Termin. In Köln gibt es bereits seit zwei Jahren einen Aufnahmestopp für neue Patienten“, sagt die Dame am Empfang.
„Das dauert mit deiner Bestellung etwas länger. Ich bin heute alleine hier. Meine Kollegin hat gekündigt, eine Nachbesetzung haben wir noch nicht. Fachkräftemangel“, erklärt mir der Verkäufer in einer Konditorei in der Kölner Innenstadt.
Ich lächle und warte einfach länger. Dabei erinnere ich mich an die Erzählungen meiner Eltern über die UdSSR-Zeiten, als sie sich für Butter, Milch und Brot um 5 Uhr morgens anstellen mussten. Aber so weit sind wir hier noch nicht, denke ich mir – und warte.
„Das Restaurant in den Bergen im Harz musste schließen. Fachkräftemangel. Keiner will so weit fahren. Wir haben kein Personal bekommen.“
Immer wenn ich „Fachkräftemangel“ als Erklärung höre, möchte ich am liebsten „Gute Besserung!“ sagen – als hätte jemand eine Grippe oder Erkältung. Am liebsten würde ich dann das Lokal meiden und ihm Zeit geben, sich zu erholen und wieder zu Kräften zu kommen. Aber diese Wahl habe ich leider nicht immer.
Der Begriff „Fachkräftemangel“ – Entstehung und inflationäre Nutzung
Der Begriff „Fachkräftemangel“ tauchte in Deutschland erstmals 2015 in den Medien auf, lanciert von Politikern – und wird seither inflationär benutzt. Selten wird hinterfragt, was dieses Wort überhaupt bedeuten soll.
Fachkräftemangel im Kapitalismus?
Service, Qualität, Wartezeiten und letztlich die Lebensqualität der Bürger sinken immer weiter. Doch das Einzige, worüber gesprochen wird, ist „Fachkräftemangel“. Leben wir nicht in einem kapitalistischen Land? Bei hoher Nachfrage und geringem Angebot müssten bei einem echten Mangel an Fachkräften eigentlich die Gehälter steigen und die Arbeitsbedingungen verbessert werden. Aber nein: Tausende Menschen bleiben arbeitslos oder müssen sich weiterhin unter schlechten Bedingungen und für niedrige Löhne durchs Leben kämpfen – mit gelegentlichen Protesten, Demonstrationen und Streiks. Innovation, Digitalisierung, Menschenrechte, Diversität – das sind die Schlagwörter. Wirklich? Wo ist denn der Fortschritt an den Arbeitsplätzen und in den Unternehmen für die Arbeitnehmer hängen geblieben oder besser gesagt, abgebaut worden?
Niedrige Gehälter, ausländische Arbeitskräfte – wo liegt das eigentliche Problem?
Zum Beispiel: Einer Fachkraft mit PhD, fünf Jahren Berufserfahrung und über 30 Jahren Lebensalter wird in München im Jahr 2025 locker ein Jahresgehalt von 55.000 Euro angeboten. Klingt passabel, oder?
Von wegen – mit einem Doktortitel ist man reich. Nicht in Deutschland. Nein.
Oder es werden „Fachkräfte“ aus dem Ausland geholt, die für dieses niedrige Gehalt bereit sind, alles in Kauf zu nehmen – weil sie keine andere Wahl haben.
Stagnierende Löhne, sinkende Qualität und das Versagen des Systems
Die Löhne steigen nicht. Prozesse werden nicht optimiert. Innovation bleibt ein leeres Wort. Die Servicequalität sinkt weiter. Dann steht plötzlich der DHL- oder Amazon-Bote an der Tür, spricht kein Deutsch, wirft das Päckchen einfach vor die Tür eines 40-Parteien-Hauses, stellt es auf die falsche Etage oder gibt es einem Nachbarn ab, ohne eine Benachrichtigung zu hinterlassen.
Du rufst DHL an, wartest 40 Minuten in der Warteschleife, nur um festzustellen, dass du die falsche Abteilung erwischt hast. Dein Paket ist nicht da. Und du sollst Verständnis für die unterirdische Servicequalität haben – wegen Fachkräftemangels.
Du fährst Zug, kommst nach einem halben Tag endlich am Ziel an, drei Stunden zu spät, und sagst deinem Partner am Telefon: „Ja, wie erwartet, Deutsche Bahn halt.“ Du kannst nichts machen. Nur sarkastisch werden. Oder gar nicht mehr Zug fahren.
Du sitzt drei Stunden beim Arzt im Wartezimmer, obwohl dein Termin um neun Uhr war und es inzwischen zwölf ist. Auch hier kannst du nichts machen, weil Krankenkassen und Gewinnmaximierung wichtiger sind. Entschuldigung – wegen des Fachkräftemangels.
Ein System voller Ausreden – und wer profitiert davon?
Und du zahlst weiter Steuern. Du sollst absolutes Verständnis haben für den „Fachkräftemangel“, der schon lange bekannt ist. Du zahlst deine Steuern, Krankenkassenbeiträge und die GEZ – ob du willst oder nicht. Du sollst weiter alles glauben, was dir die Medien verkaufen. Verständnis haben für ein korruptes, geldgieriges und menschenverachtendes System – Entschuldigung, für ein überlastetes und veraltetes System mit einem Fachkräftemangel. Und du siehst zu, wie das Land, das einmal dein Zuhause war, immer weniger dein Zuhause widerspiegelt und immer mehr zerfällt – Entschuldigung, innovativ, digital und progressiv wird. Wo die Namen, Wörter und Flaggen, genauso wie die Werte ausgetauscht, aber Probleme des durschnittlichen Bürgers schlicht ignoriert oder schöngeredet werden.
Zeit für echte Lösungen statt Ausreden
Vielleicht sollten wir endlich hinterfragen, wem die ewige Rede vom Fachkräftemangel wirklich nützt – und wann wir anfangen, echte Lösungen einzufordern.